Wann kommt das Nein?
Fortschritt ist eine tolle Sache. Einst erfand Alfred Nobel das Dynamit und machte damit enorme Bauvorhaben möglich. Nebenbei auch Sprengstoffanschläge. Heute leben wir in einer Zeit, welche wie fast nie zuvor vom Fortschrittsgedanken geprägt ist. Wir können beinahe die Zukunft sehen. Träumten Generationen vor uns noch vom Raketenauto, so ist uns die nahe Zukunft viel bewusster geworden.
Tägliche Innovation
Das Internet wird immer mehr Bereiche unseres täglichen Lebens vernetzen. In naher Zukunft werden wir Heizungen daheim per App regeln, immer mehr Daten und Medien ins Internet auslagern und von überall auf der Welt auf verschiedenste Dinge und Dienste zugreifen können. Die Verbindungen werden schneller und immer mehr Geräte miteinander vernetzt. Dazu braucht man kein Hellseher sein. Musiksammlungen werden daheim verschwinden. Vielmehr werden wir jeden Inhalt schnell abrufen können, ohne das er jemals auf die heimische Festplatte kopiert worden ist. Stream Dein Leben.
So viel zur neuen Welt. Zur Zukunft. Wir sagen gern und oft „Ja“ dazu. Menschen freuen sich über Updates zu ihren Betriebssytemen. Wir gieren nach neuen Funktionen, intuitiver Bedienung und neuen Spieleinhalten. Selten verneinen wir die neue Welt. Alles wird einfacher und zum Teil einer globalen Kommunikationskultur. Du bist nicht auf Facebook? Wie soll ich dann mit Dir dauerhaft in Kontakt treten? Offliner werden es immer schwieriger haben und sich dem Netz annähern. Im Moment bemerkt man zum Beispiel die Faszination älterer Mitmenschen für Skype. Nie war es einfacher mit dieser Software Videokonferenzen zu tätigen.
Totale Überwachung als Lifestyle?
Doch wann werden wir einmal zu den Funktionen „Nein“ sagen? Apple hat nun den Freundefinder kostenlos zum Download gestellt. Mit dieser App kann ich nun meine Freunde, Familie, Partner via GPS verfolgen. Freundefinder? Ist es nicht eher eine Überwachung meiner Umwelt? Oder nicht sogar die Veröffentlichung meiner selbst? Ich gestatte Euch/Dir zu wissen wo ich mich jederzeit aufhalte? Wie soll man da noch Ehebruch begehen? Keine Ausrede zählt hier mehr. Wir gestatten den Geräten, Diensten und Netzwerken immer mehr Macht und Kontrolle. Es sind Features. Das sagt die Werbung. Nur wann werden wir zu einem kommenden Feature einmal „Nein“ sagen? Mich interessiert hier die Grenze der einzelnen Person in der Sicht auf die Masse. Wo ist das Tabu? Was ist nicht gewünscht? Die Krankenakte auf dem Handy ist doch praktisch im Notfall. Oder direkt bei der Krankenkasse im Internet gespeichert. Jeder Arzt hat sofort Zugriff darauf und kann Dich behandeln.
Privat ist längst öffentlich
Ist es Gesundheit? Werden die Menschen hier abblocken? Ist es GPS mit seiner Verortung von Freundeskreisen? Sind es die intimsten Gespräche unter Freunden die bislang höchstens im Facebook-Chat gespeichert werden und nicht öffentlich sind? Anhand der neuen Facebook-Timeline könnte ich sogar sehen mit welchen Menschen Du schon eine Beziehung geführt hast. Die Zahl Deiner Exfreunde ist erkennbar. Ist das ein Tabu? Soll es lieber nur beim aktuellen Beziehungsstatus bleiben? Der ist natürlich immer kompliziert. Erkennt man hier meinen Punkt? Oder wird es einfach Gruppierungen innerhalb der globalen Kommunikationskultur geben? Menschen die alles teilen und Menschen denen alles heilig ist? Wird es einfach immer Abstufungen geben, oder wird langsam alles aufgeweicht, weil alle anderen Leute es nach und nach mitmachen? Werden Dinge wie die Krankenakte irgendwann doch genehm sein, weil es Kosten spart und politisch geregelt wird? Mit Übergangsphase? Wie beim Personalausweis? Erst war das Geschrei um den Daumenabdruck groß. Mittlerweile scheint es akzeptiert.
Ist die letzte Grenze der Chip im eigenen Körper? Niemand schneidet mich auf! Oder wird es irgendwann von Medien, Magazinen und einer Gesellschaft als nützlich bei einem Unfall empfunden? Erst sollten Kinder nur Handys für den Notfall haben dürfen und mittlerweile hat jedes Kind ein Handy im Bus. Nicht nur für den Notfall. Prepaid und sendet SMS damit. Wie schlau wollen wir Smartphones haben? Gestatten wir ihnen immer mehr die eigene Umgebung zu „unserem Vorteil“ wahrzunehmen? Wollen wir nicht nur den Ort unseres Aufenthaltes preisgeben, sondern auch die genaue Etage im Gebäude? Wie weit gehen wir? Oder gehen wir einfach? Werden wir immer kurz aufschreien und dann doch Dienste wie Streetview akzpetieren? Bei Microsofts Kamerafahrten gab es schon deutlich weniger Einsprüche. Sind es nur Hypes und Aufschreie einer kurzen Empörung?
Wann werden wir „Nein“ sagen?
Das mit der Heizung gibt es schon für 199 euro im Appstor und mit nem spezialrechner für 1300 an der heizung