Mobilfunk: Hate Brand im Social Web
Schaut man sich die Social-Kanäle der Mobilfunk-Unternehmen an, stößt man auf Hass, Fake News und Unwissenheit. Eine Bestandsaufnahme!
Mobilfunk-Unternehmen haben in Deutschland keinen leichten Stand. Als Hate Brand definiert, stehen die Marken in einer Reihe mit Konzernen wie Nestlé, Unilever oder Monsanto. Desperat wird über den Tellerrand geschaut und insgeheim ertappt sich auch der hartgesottenste Manager bei dem Gedanken, doch lieber Schokolade produzieren zu wollen.
Schokolade ist köstlich, sie vermittelt ein wohliges Gefühl und ist die kuschelige Decke, die man sich bei eisigen Temperaturen um den ausgekühlten Körper legt. Schokolade ist der Freund, den jeder gerne haben will und die produzierenden Unternehmen gelten zumeist als eine Love Brand – ein wenig pauschal ausgedrückt, aber im Kern durchaus korrekt.
Toleranzgrenze beim Mobilfunk-Tarif
Während der Konsument der Schokolade jeden Fauxpas verzeihen würde, liegt die Toleranzgrenze beim Mobilfunk-Tarif unter der obligatorischen Limbo-Grenze. Das Handy hat zu funktionieren, Funklöcher gleichen einer persönlichen Beleidigung und ohnehin, wenn man ein paar Buchstaben streicht und/oder hinzufügt, wird aus Mobilfunk das Wort Mafia.
Ein Blick auf die Social Media Kanäle der Anbieter bieten allerdings auch die Bühne für eine gewisse Spur der Unterhaltung. Natürlich müssen Verträge eingehalten und bezahlte Leistungen erbracht werden – das gilt wohl für jede Branche. Doch warum auch immer, wenn es um den Mobilfunk geht, endetet der Hausarrest des Halbwissens
Besonders auffällig ist das bei den Resellern. Reseller sind Unternehmen wie mobilcom-debitel, klarmobil.de, Aldi Talk oder die Drillisch-Marken. Diese Marken bekommen Kapazitäten der Netzanbieter (Telekom, Vodafone, Telefonica) und können – oft wegen der Subventionen der Netzbetreiber – attraktive Neuverträge anbieten.
Es gibt also eine Vielzahl an Anbietern die ihrerseits eine Vielzahl an Tarifen anbieten. Es gibt also nicht den einen Tarif und auch bei der Wahl des Netzes sollte der schlaue Kunde aufmerken, da sich hier der Teufel im Detail versteckt. Abgesehen von den Unterschieden bei der Download-Rate, gilt das Netz der Telefonica als besonders preisgünstig.
Es geht im Folgenden um Mitleid und darum, wie nervenaufreibend der Job eines Community Managers sich im täglichen Wahnsinn darstellt, wenn ein Tarif der Telekom (merken!), der 6 GB Datenvolumen beinhaltet und 25 Euro kostet, beworben wird. Da es sich um Mobilfunk ( = Mafia) handelt, kann der Tarif pro forma nicht gut sein.
Ergo möchte Person X die Welt davon überzeugen, dass dieses Angebot absoluter Wucher ist, da sie einen Tarif mit 10 GB für 15 Euro bekommt. Auf Nachfrage wird klar, dass es sich um einen Tarif im Netz der Telefonica handelt. Ob diese Person sich im Supermarkt eine Zwiebel kauft und Avocado-Käufern davon berichtet, dass ihr Produkt viel günstiger ist?
Tarif mit Unlimited Datenvolumen
Es ergibt keinen Sinn, aber da man sich im Social Web rumtreibt, kann man sein Halbwissen definitiv in ein paar böse Buchstaben transferieren und Caps Lock bemühen, um die Wichtigkeit sowie Relevanz zu unterstreichen. Ein Tarif mit Unlimited Datenvolumen kostet mehr als der Tarif mit 2 GB? Ein Skandal, denn wer braucht schon Unlimited ….
Sowieso sind es mafiöse Strukturen und Loyalität oder Treue bedeuten nichts für diese gesichtslosen Unternehmen. Das wird deutlich, wenn Bestandskunden bei einer Vertragsverlängerung mehr zahlen müssen als ein Neukunde. Alleine das Wort: Neukunde. Als Bestandskunde verachtet man diesen Teil der Gesellschaft, obwohl man auch mal einer war.
Aber das wird verdrängt und man wünscht diesen Unternehmen die Pest an den Hals. Wie kann denn Treue auch nicht belohnt werden? Natürlich könnte man sich informieren, nachforschen, warum bei Resellern die Neukunden grundsätzlich bessere Angebote bekommen. Ist es einfach Bosheit oder hat es mit dem fehlenden Netz zu tun?
Gute Frage, die sich ein erboster Kunde im Social Web nicht zu stellen erlaubt. Ansonsten gäbe es zu erfahren, dass die Netzbetreiber ihre Tarife an Reseller weitergeben und diese subventionieren. Das das bringt viele Neukunden. Wenn nach 24 Monaten diese Subvention wegfällt, wird der Tarif teurer. Da kann der Reseller wenig gegen machen.
Doch geht es überhaupt darum, etwas zu erkennen, sich zu informieren oder in den Austausch zu gehen? Nicht wirklich, denn in den sozialen Medien ist es einfacher, den Köcher mit Polemik zu füllen – vielleicht auch ohne es zu wissen. Angriffsfläche gibt es zur Genüge, da reicht es, wenn von Tarifen die Rede ist, bei denen o2 und die Telefonica separat aufgeführt werden.
Dass die Telefonica der Netzbetreiber ist und zwischen der Hauptmarke o2 und den Fremdmarken, die das Netz nutzen, unterscheiden möchte, ergibt Sinn. Man kann natürlich auch unter einem solchen Posting kommentieren und die Kompetenz der Social Media Manager infrage stellen. Das ist zwar komplett falsch, aber es geht ja gegen die Mafia.
Wie man in den Wald hinein ruft…
Schaut man sich diverse Kanäle an, so fällt auf, dass einige Marken sich inzwischen sehr kritisch mit den Kommentaren auseinandersetzen. Das Motto heißt: Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus. Es ist ungemein interessant zu sehen, wie Menschen reagieren, denen die eigenen Worte retour geschickt werden.
Ist es ein probates Mittel des Community Managers, wenn der Tonfall adaptiert und die Antwort in diesem Kontext formuliert wird? Die wohl häufigste Reaktion ist die der Bestürzung und dem Hinweis, dass ein Unternehmen doch so nicht antworten dürfe. Warum die Beleidigung nur in privater Hand liegen darf, bleibt jedoch schleierhaft.
Das gilt auch für die Behauptung, dass im Ausland doch alles billiger sei und die Unternehmen in Deutschland sich auf Kosten der Kunden bereichern. In Litauen kostet ein Tarif mit Unlimited Datenvolumen nur 15 Euro und in Deutschland müsse man 200 Euro bezahlen. Rein Faktisch stimmt diese Aussage natürlich nicht und da wären wir wieder bei der Polemik.
Der Deutsche verweist also auf den Letten, während der Kunde in der Schweiz gerne die Verhältnisse hätte, die in Deutschland herrschen – zumindest im Bereich Mobilfunk. Das Gras ist auf der anderen Seite immer grüner und warum die Preise sich unterscheiden, interessiert im Zweifel nicht. Sprachen wir schon über Polemik?
Wie dem auch sei. Natürlich gibt es andere Länder, schneller 5G aufbauen oder andere Vorteile sowie Tarife bieten. Warum der Mobilfunk-Markt allerdings einen solchen Hass anzieht und warum sich dermaßen der Polemik bedient wird, ist bis dato ungeklärt. Vielleicht liegt es an der Unwissenheit sowie der Meinung, dass es alles grüner seien könnte.