Arne Preuss von Coffeeness im Interview – Der Gandalf der Kaffeevollautomaten

Arne Preuss Coffeeness
Arne Preuss Coffeeness

Arne Preuss ist der Kopf hinter Coffeeness. Mit seinem YouTube-Kanal zu Kaffeevollautomaten hat er sich eine ganz besondere Nische auf der Videoplattform ausgesucht. Mittlerweile ist er damit der Gandalf der Vollautomaten und auch ein wichtiger Kopf für die Hersteller. Auch ich habe mich vor dem Kauf meines Vollautomaten vorab bei Arne ausgiebig informiert. Der junge Mann ist nicht nur ausgesprochen hilfsbereit, sondern auch sehr ein sehr sympathischer Kerl. Interviewen wir Arne also einfach zu seinem Treiben im Netz.

Du hast Dir mit Kaffeeautomaten eine sehr besondere Nische bei YouTube ausgesucht. Wie kam es dazu?
Mit meinem Blog habe ich 2008 begonnen. Schon damals versuchte ich es mit YouTube aber habe es wieder aufgegeben. Der Blog blieb und zu YouTube kam ich 2015 zurück. Ich habe auf Coffeeness.de viel zu Kaffeemaschinen, Handfiltern und French Press gemacht aber die größte Resonanz kam, als ich meinen ersten Kaffeevollautomaten testete. Das fand ich interessant. Dann habe ich das Internet durchforstet nach Testberichten aber es gab ausschließlich Fake-Tests und Vergleichsseiten ohne jeden Mehrwert für den Leser. Auch bei YouTube gab es niemanden, der sich diesem Thema (systematisch) angenommen hatte. YouTube war zunächst nur dazu gedacht, meine Blog-Artikel aufzuwerten, um mehr Authentizität zu schaffen. Ich wollte der Typ sein, der die riesen Tamagotchis wirklich testet und nicht nur die Produktbeschreibung abtippt. Lange war ich mit der Entwicklung des Kanals nicht zufrieden aber in den letzten Monaten geht es gut ab. Jetzt steht der YouTube Kanal auch alleine gut da und wächst kräftig. Nach einigen Hemmungen am Anfang, macht mir YouTube mittlerweile sehr viel Spaß!

Mittlerweile dürfte sich wohl eine Vielzahl von Käufern vorab Dein Video zu einem Kaffeevollautomaten bei YouTube ansehen. Bemerkst Du einen anderen Umgang der Hersteller mit Deiner Person? Wie gehst Du mittlerweile mit Werbeanfragen von Herstellern um? Du musst ja ein gefragter Kopf sein.
Das ist eine interessante Frage und dazu habe ich wirklich einiges zu sagen.
1. Mittlerweile nehme ich nicht mal mehr Testgeräte an. Die Kooperation ist oft zu zeitaufwändig und es gibt viele falsche Erwartungen. Ich möchte unabhängig testen können und wie könnte ich das, wenn mich die Hersteller dafür bezahlten? Das Zusammenspiel der Werbe-Agenturen mit ihren Kunden (den Herstellern) ist oft ein echter Krampf, von Problemen bei der Zuständigkeit, Wechsel von Ansprechpartnern usw. Viele der Kooperationsverträge muss ich erst mal laut vorlesen, um ihre Absurdität zu begreifen. Es gibt Hersteller, die wollen, dass ich ihnen das Recht einräume, jeden Inhalt der innerhalb einer Kooperation entsteht, wieder zu löschen (sollte ihnen etwas nicht passen). Das kann in der Praxis bedeuten: lösch mal bitte einen Monat Deiner Arbeit.
2. ABER: Viele Agenturen und Hersteller monitoren nicht, was online passiert. Mit diesem Internet ist es nicht einfach. Die Hürde, die Sichtbarkeit einer Webseite einzuschätzen ist einfach schon zu groß. Deswegen stürzen sich Agenturen so gerne auf „Influencer“ in sozialen Medien – hier gibt es immer eine schöne Zahl, z.B. 100K
Follower. Mein YouTube Kanal bekommt tatsächlich mehr Resonanz von Herstellern, als meine Webseite und die hat über 3 Millionen Unique Visitors im Jahr.
3. Was die Agenturen und Unternehmen jedoch wie bekloppt analysieren, ist die Berichterstattung über Messen. Hier müssen die Agenturen im Nachhinein rechtfertigen, einen hohe Rechnung zu schreiben und wenn ich von der IFA berichte: „Hersteller XY war nicht dort / hatte nichts neues dabei“, werde ich in wenigen Tagen angeschrieben. So werden die Hersteller auf Coffeeness aufmerksam, nicht dadurch, dass meine Webseite für ihren Produktnahmen auf platz 1 positioniert ist bei einer Google-Suche.

Mag Dich eigentlich noch der zuständige Paketzusteller?
Nein, nicht besonders. Aber ich bin seit 2015 oft umgezogen, das hilft. 2015 war ich noch in Berlin und ich hatte 3 Vollautomaten gleichzeitig bestellt und der arme Postbote hatte alle auf seiner Sackkarre. Er hat nur den Kopf geschüttelt und meinte „Du bist vielleicht ‘ne Flitzpiepe!“.

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Kaffeevollautomaten bieten mittlerweile immer mehr Features. Apps, Farbdisplay usw. – Wie siehst Du diesen Trend?
Es gibt wirklich viele neue Features, die als Innovation verkauft werden. Oft ist das aber viel Schein mit wenig echtem Vorschritt. Klar, Smart-Home-Applikationen haben einen Reiz und werden auch immer wichtiger werden. Bei den günstigen Geräten hat sich aber in den letzten 10 Jahren eigentlich überhabt nichts verändert. Bei den teuren werden große Displays, die aussehen wie Navigationsgeräte, angeschraubt und Apps integriert. Aber auch die übrige Technik verändert sich wenig. Ich hoffe, dass die Hersteller ein wenig von ihrem Marketingfeuerwerk zurückfahren und echte Innovationen bringen. Ein Wassertank wird nicht smarter, weil er „intelligent” genannt wird. Der wirklich große Trend, auf den wir uns freuen dürfen, liegt bei den Kaffeebohnen. Röster haben endlich begriffen, dass sie ihre Bohnen auch für die Vollautomaten anpassen und rösten müssen. Die Vollautomaten werden langsam ihren Schmuddel-Ruf los.
Und es kommt natürlich immer auf die Kaffeebohne an. Nur wenn du oben etwas Gutes reinkippst, kann unten auch was Gutes rauskommen. Und das Angebot von hochwertigen Bohnen, die gut auf Vollautomaten abgestimmt sind, wird viel großer werden.
Woran erkenne ich ohne Deine Videos im Geschäft ein gutes Angebot?
Das werde ich oft gefragt. Die Preise schwanken wirklich sehr und es ist nicht einfach die Frage pauschal zu beantworten. Oft bringen die Hersteller „neue Geräte“ raus, dass sind aber meistens nur die bekannten Vorgänger mit einem anderen Knopf oder einem neuen Milchbehälter. In dem Fall ist es immer ratsam einfach das günstigste (ältere) Modell zu kaufen. Die älteren aber technisch identischen Geräte gibt es dann meistens günstiger.

Dein Kanal wächst immer weiter. Wo siehst Du die Zukunft für Coffeeness?
Bei YouTube möchte ich mit Coffeeness den größten deutschsprachigen Kanal zum Thema Kaffee etablieren. Gerade habe ich dort ein tolles Wachstum mit 50 Abonnenten
am Tag.
Auf Coffeeness.de habe ich im letzten Jahr sehr viel an der Lokalisierung gearbeitet. Jetzt gibt es Teile der Inhalte auch auf Spanisch, Englisch und Französisch. Außerdem steht
gerade ein Design-Relaunch an. Der wird mit dem 10. Geburtstag von Coffeeness zusammenfallen. Für die Zukunft wünsche ich mir in den anderen Sprachen ähnlichen Erfolg wie in Deutschland. Ansonsten ist und bleibt es mein Kaffee-Blog. 2015 noch mit 55 Besuchern am Tag jetzt mit 15 Tausend.

Was nervt Dich am meisten bei einem Kaffeevollautomaten?
Das Marketing. Die Hersteller verkaufen dir den „Barista-in-a-box“ (das ist ein Original- Slogan eines Herstellers). Dieser ist aber symptomatisch. Übertreibungen kennen wir aus der Kaffeewerbung schon aus den 90er Jahren. Mit Slogans wie dem „vollendet veredelter Spitzenkaffee“ wurden wir beballert und so geht es weiter. Die Hersteller denken sich wirklich viel aus und nur wenig hält einem Realitätsabgleich stand. Oft begründen es die Hersteller und deren Agenturen auch überhaupt nicht, wenn ich von ihren Marketing Begriffen abweiche – aber die will ich mir einfach nicht zu eigen machen. Ich selbst mache meinen Kaffee übriges mit einem Handfilter und meinen Espresso mit einem Siebträger.

https://www.instagram.com/p/BuRCv94h6rM/

Starbucks? 😉
Ich glaube, dass der Siegeszug der großen Kaffeehausketten viele Wege für die heutige„Third Wave Coffee Culture“ geebnet hat. Das hören deren Vertreter übrigens meistens nicht gerne. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, hätte es nie Starbucks geben, heute 4€ für einen schwarzen Kaffee ausgeben würde. ABER was die mit ihrem Kaffee machen ist echt nicht schön. Ich nenne Kaffeebohnen von Starbucks immer „mini Briketts“ – sie sind einfach verbrannt und schmecken nach Asche. Und die Zeit, in der Starbucks die einzige Notlösung war, ist einfach vorbei. Es gibt in fast jeder Stadt viele bessere Möglichkeiten. Die Third Wave Coffee Cafés versuchen meistens alles anders zu machen als Starbucks aber etwas weniger Attitüde und besseren „speed of service“ würden manchmal nicht schaden. Und das sage ich, obwohl Kaffee für mich ein Slow Food Produkt ist.

Danke für das Interview.

Hier geht es zur Webseite von Arne Preuss.
Hier findet ihr den Kanal von Coffeeness bei YouTube.

Robert Michel

Vater. YouTuber. Social Media Manager. Teste gern Technik & Gadgets.

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